Bolivien und der Coca-Anbau

Da ich schon einige Rückfragen zum Thema Coca bekommen habe, möchte ich euch hier ein paar Informationen zu diesem Thema schreiben. Viel Spaß beim Lesen. Wenn ihr Fragen dazu habt, dann meldet euch einfach per Email bei mir.

Die Blätter des Cocastrauchs werden in der Andenregion schon seit Jahrtausenden gegen Hunger, Kälte und Erschöpfung gekaut – der Strauch gilt als die älteste Kulturpflanze auf dem amerikanischen Kontinent. Er gedeiht auf einer Höhe von 600 bis 1800 Metern und selbst bei kargen Böden sind bis zu vier Ernten im Jahr möglich. In der Tradition der Aymara und Quechua (den zwei Haupt-Bevölkerungsgruppen in Bolivien) nimmt das Kauen der Cocablätter noch heute eine wichtige gesellschaftliche Rolle ein. Auch bei den Inkas galt Coca als göttliches Geschenk und wurde bei religiösen Zeremonien, als Grabbeigabe und Medizin eingesetzt. Auch die spanischen Eroberer erkannten bald, dass sie Coca für ihre Vorteile nutzen konnten. Sie verabreichten es den Minenarbeitern, die unter extrem harten Bedingungen arbeiten mussten, als äußerst wirksames Mittel gegen die Erschöpfung. Im 16. Jahrhundert wurde Coca von der katholischen Kirche als „Teufelskraut“ bezeichnet, da es von vielen Indígenas als Opfergabe für Pachamama, die Mutter Erde, verwendet wurde (und immer noch wird). Aus den Blättern werden in Bolivien Tee, Zahnpasta, Kaugummis und Erfrischungsgetränke hergestellt. Der Genuss von Coca ist laut einer Studie der WHO gesundheitlich völlig unbedenklich und es ist kein Suchtmittel. Im Jahr 1859 entdeckte der deutsche Chemiker Albert Niemann, dass man Teile des Cocablattes herauslösen kann; er gab dem neu gewonnenen Stoff den Namen Kokain. Der Anbau von Coca ist in Bolivien und Peru legal, die Herstellung von Kokain natürlich nicht. Die Yungas sind eines der Hauptanbaugebiete von Coca in Bolivien. Ein Teil davon wird legal verkauft bzw. verwendet (traditionelles Kauen, Herstellung von Tee, Getränkeindustrie, …), ein Teil wird aber auch in kleinen Dschungellaboren unter großem Einsatz von Chemikalien zu Kokain verarbeitet (zur Herstellung von 1kg Kokain werden 600kg Cocablätter benötigt!). Viele Jahre lang zerstörten die Antidrogenbehörde der USA illegale Cocafelder und Labore zur Herstellung von Kokain in Bolivien. Der jetzige Präsident Boliviens, Evo Morales, war schon Jahre vor seiner Wahl Anführer der bolivianischen Cocabauern und machte sich in seinem Wahlkampf für den traditionellen Anbau und die legale Verwendung von Coca stark. Nach seiner Wahl musste die US-amerikanische Antidrogenbehörde DEA das Land verlassen.
Ich merke hier sehr deutlich, dass Coca für die Menschen eine sehr wichtige Rolle spielt, gerade auch als gesellschaftliches Integrationsmittel. Sind mehrere Menschen beisammen, wird oft gemeinsam zuerst einmal Coca gekaut. Ich weiß, der Vergleich hinkt ein bisschen, aber vielleicht kann man es ein bisschen mit Schnupftabak bei uns in Bayern vergleichen. Man darf auch nicht unterschätzen, dass der Anbau von Coca für viele ein äußerst lukratives Geschäft ist und so in den ländlichen Regionen der Yungas das Haupt-Wirtschaftsgut ist. Coca ist im täglichen Leben eigentlich immer präsent, ob als Tee oder das traditionelle Kauen der Blätter. Ein eigenes Coca-Ministerium zeigt, dass Coca für Bolivien extrem wichtig ist. Die bolivianische Regierung versucht seit einigen Jahren die Erlaubnis zu erhalten, Cocablätter und -produkte auf den Weltmarkt exportieren zu können. Das würde sicherlich für viele Menschen in Bolivien einen wirtschaftlichen Aufschwung bedeuten. Es schaut aber nicht so aus, als ob die Regierung damit in den nächsten Jahren Erfolg haben wird.

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